Verhaltensbiologisch sind menschliche Säuglinge Traglinge. Das bedeutet, dass unsere Babys nach der Geburt nicht sofort aufstehen und loslaufen wie beispielsweise ein Fohlen. Deswegen besitzen wir Menschen ab der Geburt einen sehr ausgeprägten Greifreflex, der zum Festhalten dient, ähnlich wie bei Affenkindern. Im Laufe der Evolution haben wir unser Fell abgelegt, daher müssen wir unsere Kinder mittlerweile “an uns binden”.
Das Tragen im Tuch gilt in unserem Kulturkreis leider oft noch als exotisch oder altmodisch. Wir sind seit Generationen so aufgewachsen und der Kinderwagen gehört zur selbstverständlichen Anschaffung. Gesellschaftlich hört man zudem viele Mythen, dass man sein Kind nicht so verwöhnen dürfe, weil man sich sonst einen unselbstständigen kleinen Tyrannen aufziehen würde.
Aber: Stell dir mal vor, du verbringst seit deiner Existenz neun Monate in einem 37 Grad warmen von der Außenwelt geschützten Pool und warst nie alleine und immer in Bewegung. Dann kannst du sicher besser nachempfinden, dass die meisten Babys nach dem „Bindungsbruch“ Geburt nicht alleine in einem Kinderwagen oder in einem Babybett liegen wollen.
Durch das Tragen und das enge “Gebundensein” kann die Nähe und Geborgenheit aus dem Mutterleib nachempfunden werden und erleichtert das “Ankommen” auf der Welt. Die körperliche Nähe hat außerdem einige Vorteile: Die Wichtigsten sind, dass es die natürliche Hüftreifung beim Kind unterstützt und zusätzlich Geborgenheit, Bindung, Sicherheit und Ruhe schafft. Gerade in den ersten Monaten brauchen Säuglinge, z.B. in der Einschlafsituation besonders viel Geborgenheit. Die Bewegung beim Getragen-werden baut Spannungen ab und hilft dem Baby “loszulassen”. Ganz nebenbei macht es noch Kopf und Hände des Tragenden frei und hilft somit enorm im anstrengenden Alltag mit dem Baby.